Dass der Arbeitgeber seine Angestellten vorab zur Teilnahme an der Befragung bittet, ist legitim, da es für ihn von großer Bedeutung ist, die Meinung seiner Mitarbeiter:innen zu erfahren. Und aus unserer Sicht ist es auch wichtig, dass sich das Management die Meinung seiner Angestellten einholt.
Doch die Art und Weise, wie die Beschäftigten zur Teilnahme an der Befragung angeregt wurden, hat bei uns Anlass zu einigen Bedenken gegeben.
Der Aufruf auf Inside, an der Mitarbeiterbefragung teilzunehmen, ist noch vertretbar. Die Mitarbeiter/innen zu motivieren, ihre Kolleginnen und Kollegen zur Teilnahme zu motivieren, ist schon fragwürdig. Die Beteiligung an der Mitarbeiterbefragung mit einem guten Zweck zu verbinden, ist jedoch nicht nachvollziehbar.
Das soziale Engagement der CFL ist lobenswert, und jede Spende für einen guten Zweck ist nur zu begrüßen. Die Mitarbeiterbefragung zu einer solidarischen Herausforderung zu machen, verfehlt jedoch leider das Ziel der Mitarbeiterbefragung. In der Zukunft wäre es sinnvoller, sich auf das Wesentliche der Mitarbeiterbefragung zu konzentrieren und die Mitarbeiter:innen eher mit Argumenten als mit einem Aufruf zur Solidarität zur Teilnahme zu gewinnen. Wenn die Solidarität im Vordergrund stehen soll, wäre es sinnvoll, zu diesem Zweck eine zielgerichtete Aktion zu initiieren. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, daher sollte man die beiden auch nicht in einen Topf werfen.
Im Vorfeld der Mitarbeiterbefragung hatte sich unser Syndikat bewusst dafür entschieden, seinen Mitgliederinnen und Mitgliedern keine Empfehlung zu geben, und überließ ihnen die Entscheidung darüber, sich an der Umfrage zu beteiligen oder nicht. Die Tatsache, dass man uns indirekt die Verantwortung für die Resultate der Mitarbeiterbefragung zuschiebt, mit der Begründung, dass unsere Aktionen dazu beigetragen hätten, die Ruhe und die gute Atmosphäre im Betrieb zu trüben, ist für uns nicht hinzunehmen. Unsere Protestkundgebung hat vor allem gezeigt, dass es im Betrieb Unzufriedenheit gibt, und dies in vielen Dienststellen. Wie sonst kann erklärt werden, dass am 11. Juni etwa 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der CFL ihre Solidarität bekundeten und sich in ihrer Freizeit an unserer Kundgebung beteiligten? Es waren nicht nur die Fahrdienstleiter, die an diesem Tag vor dem Direktionsgebäude standen. Letztendlich hat sich unsere Direktion nur aufgrund dieser Kundgebung zu Konzessionen bereit erklärt, wie beispielsweise der Einführung eines 6-9-9-Schichtplans (anstatt des von den CFL geplanten 3×8-Schichtplans) oder der Erhöhung der Bereitschaftsprämie für eine erhöhte Verfügbarkeit auf 35 €. Außerdem wurde jüngst die BTS-Prämie in die Praxis umgesetzt.
Eine erste Analyse der Ergebnisse lässt uns zu dem Schluss kommen, dass bei weitem nicht alles Gold ist, was glänzt.
Eine Beteiligung von 55 % ist doch ernüchternd und entspricht dem Ergebnis der Befragung aus dem Jahr 2022, womit eine Stagnation zu verzeichnen ist. In der Wirtschaft bezeichnet Stagnation einen Zustand des Stillstands oder der mangelnden Entwicklung. Im Rahmen einer Befragung deutet eine Stagnation darauf hin, dass die seit der letzten Befragung ergriffenen Maßnahmen keine Wirkung gezeigt haben.
Dieses Resultat bedeutet aber auch, dass sich 45 % der Mitarbeitenden nicht an der Befragung beteiligt haben. So beteiligten sich nur 39 % der Angestellten von CFL cargo, 50 % der Angestellten von D/EF und 57 % von D/GI an der Umfrage. Jetzt gilt es zu analysieren, in welchen Berufsgruppen die Beteiligung besonders gering war, und die Ursachen dafür zu ermitteln. Liegt die Antwort vielleicht an der Tatsache, dass sich die im Außendienst tätigen Kolleginnen und Kollegen von der Umfrage nicht angesprochen fühlen, da viele Fragen sie nicht betreffen oder zu allgemein gehalten sind?
Auch sollten die dargestellten Zufriedenheitswerte nachgeprüft werden. So wird im Themenbereich „direkte Führung“ von einer deutlichen Verbesserung von sieben Punkten gesprochen, obwohl der Wert bereits 2022 bei 63 lag und die Verbesserung damit lediglich einen Punkt betragen würde. Andere Themenbereiche liegen weiterhin weit unter dem Durchschnitt, als da wären die Kommunikation/Dialog sowie Leistungsmanagement und Vergütung.
Wenn man sich die Resultate nach Direktionen anschaut, fällt einem auf, dass die Werte bei D/FI dramatisch gefallen sind. Aber auch bei D/EF und D/GI sind die Werte in einigen Themenbereichen rückläufig.
Große Unterschiede lassen sich auch zwischen dem statutarischen und dem nicht statutarischen Personal, wo die Schere immer größer wird, zwischen mobilen und nicht mobilen Angestellten sowie zwischen Angestellten, die im Schichtdienst und in der Nacht arbeiten, und solchen, die ausschließlich tagsüber arbeiten, feststellen. Es darf die Frage gestellt werden, warum die Ergebnisse der Mitarbeitenden, die mehr als zehn Jahre im Betrieb sind, in allen Themenbereichen schlechter ausfallen als die der „jungen“ Mitarbeitenden.
Des Weiteren muss analysiert werden, warum die Ergebnisse der Mitarbeitenden, die seit über 10 Jahren bei den CFL beschäftigt sind, in allen Themenbereichen schlechter ausfallen als die der Mitarbeitenden, die weniger als 10 Jahre im Unternehmen arbeiten. Diese negative Tendenz beginnt dabei bereits nach 5 Jahren.
Bedenklich ist auch der Rückgang von 5 Punkten, die CFL-Gruppe als guten Arbeitgeber zu empfehlen, wobei die Direktion D/FI sogar einen Rückgang um 14 Punkte zu verzeichnen hat. Ferner bedarf es einer genaueren Analyse des Rückgangs um sieben Punkte bei der Frage, ob die Arbeit ein Gefühl der persönlichen Erfüllung vermittelt.
Es würde hier den Rahmen sprengen, noch weiter auf die Details der Präsentation einzugehen, aber wir werden Sie über den Fortgang dieses Dossiers auf dem Laufenden halten.
Zum jetzigen Zeitpunkt können wir uns jedoch bereits der Analyse der CFL anschließen, wonach die Ergebnisse unterschiedliche Realitäten in den verschiedenen Direktionen widerspiegeln, wobei einige Direktionen sehr erfreuliche Fortschritte verzeichnen, während andere Bedürfnisse oder Erwartungen zum Ausdruck gebracht haben, für die nun gezielte Verbesserungsmaßnahmen ermittelt werden müssen.
Zu diesem Zweck soll jetzt jeder Dienststellenleiter einen konkreten Aktionsplan entwickeln, wofür ihm bis Anfang Juni 2026 Zeit gegeben wird.
Als Syndikat Eisenbahnen stellen wir uns dieser Herausforderung und sind gewillt, uns aktiv an den Verbesserungsmaßnahmen zu beteiligen, denn das Wohlergehen der Mitarbeitenden hat für uns ebenfalls oberste Priorität.
Als Nächstes steht jetzt eine ausführliche Präsentation der Mitarbeiterbefragung im Rahmen des CSC (Comité Social de Consultation) am 11. Dezember auf dem Programm.
Josy Bourggraff
Sekretär Syndikat Eisenbahnen
OGBL/FNCTTFEL-Landesverband
