Zu Jahresbeginn konnte sich noch niemand vorstellen, dass uns das Jahr 2022 vor neue Herausforderungen stellen würde. Am 24. Februar 2022 begann Russland mit dem Krieg gegen die Ukraine. Die Welt hat sich schlagartig für uns alle verändert. Das Leid und die Zerstörung waren vorprogrammiert. Die unschuldige Zivilbevölkerung sind die Leidtragenden. Durch den begonnenen Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen ist der gesamte Europäische Wirtschaftsraum in Mitleidenschaft gezogen.

Viele Unternehmen sind erheblich von den erlassenen Sanktionen und Gegenaktionen betroffen. Die Umsätze sind eingebrochen und Lieferengpässe bei wichtigen Rohstoffen sind die Folgen. Die Preisspirale dreht sich unaufhörlich weiter. Viele von uns stellen sich die Frage, wieso alles so teuer geworden ist? Ein relevanter Treiber für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass die Energie-Rohstoffe momentan knapp sind. Hier sind sowohl die Corona-Lockdowns als auch der Krieg für diese Situation verantwortlich. Kann z.B. Öl nicht verschifft werden, weil die Arbeit im Hafen während eines Lockdowns ruht, entstehen Engpässe. Bedingt durch die hohen Energie-Preise steigen dann auch automatisch die Preise für viele andere Produkte. Während der Produktion wird Energie verbraucht. Wenn die Energie teuer wird, hat dies zur Folge, dass auch die Produktionskosten steigen. Diese Entwicklung bekommen die Endverbraucher kräftig zu spüren. Jeder stellt sich jetzt die Frage: Wann wird sich die wirtschaftliche Lage wieder stabilisieren, wann werden die Preise wieder fallen?  Die aktuelle wirtschaftliche Lage hat zur Folge, dass die Inflationsrate momentan enorm hoch ist.

Laut Statec soll die Durchschnittsinflation fürs Jahr 2022 bei insgesamt 5,8 Prozent liegen. Für das Jahr 2023 prognostiziert Statec eine Inflation von insgesamt 2,8 Prozent. In Luxemburg werden die Löhne und Pensionen regelmäßig an die Veränderungen der Verkaufspreise von Konsumgütern angepasst. Hier spricht man von Indexierung der Gehälter und Löhne an die aktuellen Lebenshaltungskosten.

Während diesen schwierigen Zeiten spielen Gewerkschaften eine wichtige Rolle. Im Rahmen der sogenannten „Tripartite“-Abkommen war der OGBL die einzige Gewerkschaft, die das Abkommen im März nicht mit unterschrieben hatte. Die Abmachung beinhaltete nämlich eine weitreichende Manipulation des Index bis ins Jahr 2024. Starke Gewerkschaften sind in diesen schwierigen Zeiten sehr wichtig. Dank der unermüdlichen Mobilisierung des OGBL und des Landesverbandes war es möglich, dass die „Tripartite-Verhandlungen“ vom 20. September positiv verliefen.

Leider haben wir aber diese schwierigen Zeiten noch nicht überstanden. Wie die genaue Zukunft aussehen wird, ist sehr schwierig vorauszusagen. Wir alle leben in Ungewissheit und wünschen uns ein baldiges Ende. In diesem Zusammenhang taucht auch ein Paradoxon auf. Das Statec gibt jetzt bekannt, dass die Inflation in den Jahren 2022 und 2023 höher sein wird als in seinen ursprünglichen Prognosen vom Februar.

Auch für Ökonomen und Statisten sind es schwierige Zeiten. Oft basieren Prognosen auf Daten der Vergangenheit. Doch in einer solchen Zeit befinden wir uns derzeit nicht. Die Vergangenheit erlaubt uns nicht auf diese Daten zurückzugreifen, denn wir leben in einer Zeit, die es in der Vergangenheit noch nicht so gab.

Georges MELCHERS

Präsident Syndikat Eisenbahnen

OGBL/FNCTTFEL-Landesverband