Es lässt natürlich tief blicken, dass die erste gemeinsame Entscheidung der Koalitionsparteien darin bestand, das „Triple A“, in Sachen Finanzen, mit allen Mitteln zu sichern. Hinzu kommt das Jammern der künftigen Koalitionäre über die angeblich schlechte Finanzlage des Staates. Wahrscheinlich soll durch diese Verlautbarungen das Terrain für eine neue Ära der Sparpolitik zulasten der aktiven und pensionierten Arbeitnehmer vorbereitet werden.

Auch wenn eine patronatshörige konservativ-liberale Koalition in Arbeits- und Sozialpolitik nicht allzu viel Gutes verspricht, sollten wir uns bewusst sein, dass eine gut organisierte außerparlamentarische Opposition, wobei uns als Gewerkschaften eine wesentliche Rolle zufällt, viel bewirken kann. In dieser Hinsicht gibt es aus rezenter Vergangenheit eine Reihe von Beispielen, wo bei ähnlichen Regierungsformationen durch eine konsequente gewerkschaftliche Mobilisierung, Erfolge errungen wurden.

Erfolge durch gewerkschaftliche Mobilisierung

Der OGBL hat kürzlich an den Streik vor 50 Jahren, seiner Vorgängerorganisation LAV, erinnert. Dieser Streik und die Großdemonstration haben die damalige CSV/DP-Koalition genötigt, Reformen einzuleiten und haben 1974 einem politischen Wechsel den Weg geebnet. Erstmalig sei 1926 wurde damals, 1974, eine Regierungskoalition ohne CSV, zwischen LSAP und DP gebildet, welche weitere überfällige Reformen einleitete.

An dieser Stelle möchten wir auch den Kampf des Landesverbandes für den Erhalt, die Modernisierung und die Elektrifizierung der Nordstrecke von 1979/1980 erwähnen. Auch damals wurde unser Land von einer konservativ-liberalen Regierung regiert. Dank einer machtvollen Manifestation am 8. Mai 1980 in Ulflingen und einer Streikdrohung bequemte sich die damalige Regierung zur finanziellen Absicherung der Modernisierung und Elektrifizierung der Nordstrecke.

Obschon die automatischen Indexanpassungen immer ein Dorn im Auge von konservativen und liberalen Politikern waren, haben sich erfreulicherweise alle Parteien in ihren Wahlprogrammen zum Index bekannt. Dem war nicht immer so. 1982 streikten alle Gewerkschaften, mit Ausnahme der CGFP, gegen die damalig verfügte Außerkraftsetzung des Indexmechanismus durch eine CSV/DP Regierung. Bereits 1981 hatte der Landesverband mit dem Slogan „Fangere ewech vum Index“ gegen erste Indexmanipulationen, Abschaffung der Indexvorschusstranche und um einen Monat zurückverlegte Ausbezahlen der Indextranchen, manifestiert. Aufgrund der Manifestationen und des Streiks erfolgte 1984 ein Regierungswechsel und anschließend die Wiedereinführung der automatischen Indexanpassungen.

Als Landesverband haben wir uns immer gegen die Liberalisierung und Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen gewehrt. Im Eisenbahnbereich ging es darum, die CFL als einheitlichen Betrieb im Transport- und Infrastrukturbereich zu erhalten. Als 2003 unter einem liberalen Transportminister die Aufteilung der CFL in sieben Filialen geplant war, die später privatisiert werden sollten, konnten wir uns dies nicht bieten lassen. Aufgrund eines erfolgreichen Warnstreiks von 24 Stunden verschwanden die Pläne in einer Schublade. Dieser Streik war mit Schuld am Regierungswechsel von 2004. Unter geänderten politischen Verhältnissen kam es zu einer Eisenbahntripartite, wo ein tragfähiger Kompromiss erzielt und die sozialen Rechte der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner abgesichert wurden.

Vor wichtigen Sozialwahlen

An dieser Stelle soll die Indexmanipulation vom März 2022 nicht unerwähnt bleiben. Als einzige Gewerkschaften haben der Landesverband und der OGBL erfolgreich gegen diese Manipulierung protestiert, was zur Folge hatte, dass der normale Indexmechanismus wieder eingeführt wurde.

Obige Beispiele zeigen, dass durch eine konsequente gewerkschaftliche Mobilisierung, Erfolge auch bei konservativ-liberalen Regierungsformationen möglich sind. Die Erfahrung lehrt uns weiterhin, dass auch der Erfolg in Tripartiterunden von der vorherigen gewerkschaftlichen Mobilisierung abhängig ist. In diesem Zusammenhang sind die Sozialwahlen im kommenden Frühjahr von entscheidender Bedeutung. Die Zustimmung des LCGB, des Syprolux und der CGFP zu der Indexmanipulation im März 2022 zeigt uns, dass es unumgänglich ist den Landesverband und den OGBL bei diesen Wahlen zu stärken. Ein durchschlagender Erfolg von OGBL und Landesverband wird uns einem „Triple A“ auch im sozialen und arbeitsrechtlichen Bereich einen Schritt näher bringen.

Nico Wennmacher

Ehrenvorsitzender

FNCTTFEL-Landesverband