Auf der Tagesordnung stand der neue OG N° 41 der CFL „Mitarbeitergespräche“.

Da dieses Thema für die große Mehrheit von Ihnen vielleicht ziemlich neu ist, möchte ich einen kurzen Rückblick auf die Thematik werfen.

Am 21. April 2023 erhielten beide Gewerkschaften in einer Sitzung des « Comité de Suivi de Réglementation RH » die Information, dass Mitarbeitergespräche bei den statutarischen Eisenbahnern/innen der CFL eingeführt werden sollen. Ein erstes Projekt sollte den Delegierten in der 2. Jahreshälfte 2023 präsentiert werden. Im « Comité de Suivi de Réglementation RH » vom 22. September 2023 stand dieser Punkt erneut auf der Tagesordnung. In dieser besagten Sitzung kam seitens der Direktion der Wunsch auf, diese Angelegenheit voranzubringen und das Thema in bilateralen Gesprächen mit beiden Gewerkschaften zu besprechen.

In der Sitzung des CSC (Comité Social de Consultation) welche am 20. Dezember 2023 stattfand, wurde dieses Thema ebenfalls behandelt; nähere Einzelheiten und Unterlagen sollten in den kommenden Monaten folgen. Anlässlich dieser Sitzung äußert sich der damalige Präsident des Landesverbandes dahingehend, dass der FNCTTFEL-Landesverband das Thema Mitarbeitergespräche unterstützen würde, doch es dürfte auf keinen Fall ein Bewertungssystem eingeführt werden.

Nach dem Verwaltungsrat der CFL, welcher am 29. Januar 2024 stattfand, wurde beiden Gewerkschaftspräsidenten sowie dem Präsidenten des Syndikats Eisenbahnen ein erster Entwurf des Projektes vorgetragen. Auch hier hieß es wieder, dass weitere Einzelheiten in den kommenden Monaten folgen sollten.

Im Rahmen der Sozialwahlen war im Wahlprogramm des Syndikats Eisenbahnen zu lesen, dass wir das Thema Mitarbeitergespräche bei der CFL unterstützen würden, doch es dürfte kein Bewertungssystem eingeführt werden.

Die erste offizielle Fassung des „OG 41“ erhielten wir dann schlussendlich erst am 21. Juni 2024. Bereits in dem für den 28. Juni 2024 geplanten « Comité de Suivi de Réglemention RH » stand das Thema als Tagesordnungspunkt auf der Agenda. Im Laufe dieser Sitzung erhielten wir anhand einer PowerPoint-Show weitere Informationen. Ein wichtiger Punkt, der uns jedoch nachdenklich gemacht hat, ist, dass für die verschiedenen Laufbahnen und Berufe bestimmte Kompetenzen verlangt werden. Zusätzlich zu den vier bereits bestehenden Bewertungsstufen (GRUNDLEGEND, MITTELSTUFE, FORTGESCHRITTEN und EXPERTE), über die wir in dieser Form bisher keine Kenntnis hatten, soll nun noch eine fünfte Stufe „NICHT NACHGEWIESEN“ eingeführt werden.

Sollte man nun diese Bewertung „NICHT NACHGEWIESEN“ erhalten, war laut OG41 die Einleitung eines Verfahrens (OG 10) die Folge. Wir teilten den Verantwortlichen der CFL daher im Rahmen der Sitzung unsere Skepsis bezüglich des Projekts mit.

Da unsere Bedenken jedoch nicht im Sitzungsprotokoll aufgenommen wurden, verfassten wir als Syndikat Eisenbahnen einen Brief an die CFL, in dem wir unsere Besorgnis und Bedenken zum Ausdruck brachten und die CFL darum ersuchten, das Bewertungssystem aus dem Projekt zu entfernen.

In der Sitzung der Zentraldelegation vom 11. Juli 2024 wurde unter dem Punkt „Verschiedenes“ der Tagesordnung über unsere schriftliche Stellungnahme diskutiert. Unsere Ansichten zum Thema Mitarbeitergespräche konnten nicht von der Direktion geteilt werden. Der Inhalt des Briefes sowie die Art und Weise wurden ebenfalls von der Direktion kritisiert.

Im offiziellen Bericht der Zentraldelegation wurde folgende Bemerkung notiert:

« Le SYPROLUX tient à se distancer formellement de la lettre susmentionnée dont il a ignoré l’existence et dont il ignore le contenu ».

In einer anschließenden Sitzung des « Comité de Suivi de Réglemention RH », konnten wir als Syndikat-Eisenbahnen noch einige kleinere Verbesserungen erzielen, doch leider wurden nicht alle Vorschläge positiv entgegengenommen.

In den Augen des Syndikats Eisenbahnen ist es wichtig, dass ein Mitarbeiter ebenfalls sein Wohlbefinden seinem Vorgesetzten mitteilen kann; ein gutes Arbeitsklima ist das A und O in einem Betrieb. Der Mitarbeiter soll ebenfalls die Möglichkeit haben, ein offenes Gespräch mit seinem Vorgesetzten zu führen und seine Meinung, im positiven wie im negativen Sinn, über seine Vorgesetzten abzugeben. Dieser Vorschlag floss anschließend in das Projekt ein. Ebenfalls wurden die Folgen der Bewertungsstufe „NICHT NACHGEWIESEN“ im Text abgeändert, jedoch wurde das Bewertungssystem nicht gestrichen.

Allerdings gibt es jedoch immer noch eine Reihe von Fragen, insbesondere in Bezug auf die Verhaltenskompetenzen. Die Bewertungsstufe „NICHT NACHGEWIESEN“ führt dazu, dass ein Mitarbeiter ein Unterstützungsprogramm erhält, um das erforderliche Leistungsniveau wieder zu erreichen. Diese Prozedur kann ebenfalls eingeleitet werden, wenn die Leistungen als unzureichend empfunden werden. In einem gemeinsamen Gespräch mit einem Verantwortlichen der RH Abteilung, wird das Ergebnis analysiert und dem Mitarbeiter wird anschließend ein Plan zugeschnitten und dieser beinhaltet eine individuelle Unterstützung während seiner Laufzeit sowie die erforderlichen Schulungen mit dem Schwerpunkt auf den Entwicklungszielen, die in der Stellenbeschreibung vorgesehen sind.

Im Anschluss daran wird der Mitarbeiter nach einer bestimmten Zeit erneut bewertet. Erreicht er nun das erforderliche Niveau, wird die Verbesserungsprozedur abgeschlossen. Sind doch keine Verbesserungen beim Mitarbeiter festgestellt worden, wird eine weitere Prozedur eingeleitet.

Wie diese Prozedur ablaufen wird und welche Konsequenzen dies für seine berufliche Laufbahn haben wird, ist derzeit noch unklar.

Wir sind überzeugt, dass der Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeiter/innen übers ganze Jahr geführt werden soll. Falls bei der Ausführung der Arbeit ein Problem festgestellt wird, soll die Führungskraft diesem Mitarbeiter seine Hilfe anbieten, um Schlimmeres zu verhindern. Dies soll nicht jährlich in einem Gespräch stattfinden. Gegenseitiges Feedback ist sehr wichtig. Mitarbeiter/innen geben von unten Rückmeldung zur Unternehmensentwicklung, Führungskräfte geben Rückmeldung zur Mitarbeiterleistung. Gemeinsam sollen persönliche und unternehmerische Ziele in Einklang gebracht werden.

Mitarbeiter, welche bereits mehrere Jahre mit ihren Vorgesetzten zusammengearbeitet haben, müssen andere Gespräche führen als Mitarbeiter, welche erst seit Kurzem im Betrieb tätig sind. Mitarbeiter wollen als individuelle Persönlichkeit und nicht als Funktionsträger wahrgenommen werden. Aus diesem Grund ist ein Gespräch ein Unikat, hat ein anderes Ziel, und es ist nicht notwendig, ein vorgedrucktes, mehrseitiges Formular zu verwenden. Die bestehenden Anleitungen können ruhig weiter als Hilfsmittel für die Gesprächsvorbereitung dienen. Das Gespräch enthält die wichtigsten Erkenntnisse und wird von beiden Gesprächspartnern visiert. Eine sogenannte Schlussnote ist in den Augen des Syndikats Eisenbahnen überflüssig.

Der Austausch über den Inhalt ist das Wichtigste und nicht die Schlussnote.

Um dieses Projekt umzusetzen, stellen wir uns bereits die Frage, was die finanziellen Kosten sind. Wie sieht es mit dem Personalbestand aus? Wird dieser jetzt erhöht, um die Mitarbeitergespräche laut dem OG41 richtig durchzuführen? Ist dieses Personal momentan ebenfalls verfügbar oder muss aufgestockt werden? Der administrative Aufwand, um diese Gespräche korrekt zu führen und anschließend objektiv zu bewerten, ist enorm groß.

Im Dezember 2022 hatten sich die CGFP und die Regierung darauf geeinigt, das Bewertungssystem im Staatsdienst abzuschaffen, mit der Ausnahme für Beamte in der Stagezeit und Angestellte in der Einführungszeit. Die notwendige Änderung des Gesetzestextes befindet sich derzeit auf der letzten Zielgeraden.

Eine Umfrage unter unseren Delegierten und Vertrauenspersonen ergab, dass alle dem Bewertungssystem gegenüber kritisch eingestellt sind. Der Vorgesetzte könne in manchen Berufskategorien seine Mitarbeiter nicht unter ständiger Beobachtung haben.

Das Syndikat Eisenbahnen stellt sich die Frage, ob diese aufwendige Prozedur im Verhältnis zu den erwarteten Ergebnissen gerechtfertigt ist? Bei einem Problem mit einem Mitarbeiter hat es in der Vergangenheit immer ein Gespräch gegeben, um das Warum zu klären.

Im öffentlichen Dienst wird das Bewertungssystem bald der Vergangenheit angehören. Bei der Bahn soll dieses System jetzt eingeführt werden. Da fragt man sich: Wo ist da die Logik?

Georges Melchers

Président Syndicat Chemins de Fer

OGBL/FNCTTFEL-Landesverband